Tanz über Gräben

Ideenbeschrieb

Hannes Boss bewegt sich in verschiedenen Welten. Er ist Bergbauer am Napf, ist aktiv in der Ziegenzuchtgenossenschaft und im Trachtentanz. Seine Umgebung dort: konservativ, dem Urbanen eher abgeneigt. Wenn er im Ausgang ist, in Bern, tanzt er BalFolk im Progr: französische und osteuropäische Volkstänze zu Livemusik. In der Reihe, im Kreis, als Paar – mit Jungen, mit Alten, mit Frauen, mit Männern, mit Queeren, mit Sympathieträgern und auch mit anderen. Er spürt dort ein «wir», eine Gemeinschaft, tanzen verbindet. Und mit dem Ensemble Friya spielt er als professioneller Musiker Tanzmusik und Folk – sei es in der Tonhalle Zürich oder am Heimatabend im Schangnau, sei es als Konzert oder Tanzabend. In der urbanen Kulturszene fühlt er sich wohl, doch zunehmend stellt er Unverständnis und Intoleranz seinem Herkunftsmilieu gegenüber fest. «Alle tanzen, aber nur in ihrer Bubble», sagt Hannes Boss. Deshalb hat er die Idee, all diese Tänzerinnen und Tänzer über eine Plattform auf die gleiche Tanzbühne zu bringen, um so den gesellschaftlichen Gräben entgegenzuwirken. Er möchte ein Wir-Gefühl schaffen, gegenseitigen Respekt.

12 Fragen an Hannes Boss

Beschreibe dich in drei Worten.
Musiker, Bärgpuur, Tanzfüdle.

Was ist dein Lebensmotto?
Geng vorewägg.

Welche Veränderung möchtest du mit deiner Idee in der Gesellschaft bewirken?
Ich möchte, dass sich die Menschen darauf fokussieren, was sie verbindet, und nicht darauf, was sie trennt. Davon haben wir genug.

Was ist das Besondere an deiner Idee?
Durch meine Idee begegnen sich Menschen, die sich sonst nur aus der Ferne be- und allzu oft auch verurteilen. Beim Tanzen entsteht eine Verbindung zum Du. Vielleicht entstehen gar Freundschaften. Dazu braucht es keine Anstrengung, keine Theorie, keine intellektuelle Auseinandersetzung. Es geschieht einfach, ganz unmittelbar, aus dem Moment.

Angenommen, du könntest auf einen Knopf drücken: Was würdest du ab sofort umsetzen, um den Gemeinsinn zu stärken?
Alle Menschen haben den plötzlichen Drang zu tanzen, und zwar gemeinsam mit allen Menschen, denen sie begegnen.

Was hält die Gesellschaft, deiner Meinung nach, im Innersten zusammen?
Gemeinsame Werte, Begegnungen und daraus resultierendes Vertrauen.

Was macht einen Ort für dich zu einem guten Ort für Gemeinschaft?
Gemeinschaft ist nicht ortsgebunden, sie kann überall entstehen.

Welche Idee oder Erfahrung hat deine Sicht auf Gemeinschaft nachhaltig verändert?
Ich lebe in zwei Welten, dem konservativen, bäuerlich geprägten Milieu am Napf und der progressivqueeren Kulturszene in Bern. Beide kennen sich überhaupt nicht, hegen aber gegeneinander Vorurteile.

Welcher Gedanke gibt dir Hoffnung in herausfordernden gesellschaftlichen Zeiten?
Nicht ein Gedanke gibt mir Hoffnung, sondern Begegnungen mit Menschen in meinem Alltag geben mir Hoffnung.

Welche Person aus dem echten Leben ist für dich ein Vorbild – und warum?
Mein weiser Nachbar – ein alter, verwurzelter Bergbauer, aber dennoch differenziert, weltoffen, sensibel und positiv eingestellt.

Wo siehst du dich und deine Idee in 10 Jahren?
Meine Idee braucht mich in 10 Jahren nicht mehr. Überall gibt es gut frequentierte Tanzanlässe, wo sich Menschen aus verschiedensten Bubbles treffen.

Was ist für dich persönlich «Glück» – hat das mit anderen zu tun?
Glück ist, jemanden in den Armen zu halten und zu wissen, dass man die ganze Welt hält (Orhan Pamuk).