Ein Comic ist ein niederschwelliges, künstlerisches Ausdruckmittel, das wegen seiner Einfachheit in breiten Bevölkerungsschichten geschätzt wird. Es kann komplexe Themen anschaulich und leicht verständlich wiedergeben. Ideengeber Simon Kiener möchte in Schulen, Flüchtlingshäusern, Altersheimen, Gefängnissen und weiteren Orten Comicworkshops durchführen und Grassroots Comics zeichnen lassen – Comics auf einer Seite, in denen die Workshopteilnehmenden aus ihrem Leben erzählen. Simon Kieners Traum ist, «dass wir als Gesellschaft fähig sind, uns über einfache Zeichnungen auszudrücken und auszutauschen». Er erhofft sich, dadurch nicht nur mehr Achtsamkeit für das einzelne Individuum zu erreichen, sondern auch allgemein mehr Toleranz und Interesse untereinander. Simon Kiener, selber Comiczeichner und Illustrator, hat durch das Zeichnen einen besonderen Blick für sich, seine Umgebung und seine Mitmenschen entwickelt. «Ich bin überzeugt, dass es uns als Gesellschaft besser gehen würde, wenn mehr Menschen diese Erfahrung machen könnten», sagt er. Er wünscht sich, dass die Comics der Workshopteilnehmenden im ganzen Kanton an speziell installierten Litfasssäulen ausgestellt werden. Passantinnen und Passanten halten beim Vorbeischlendern kurz inne, schauen, unterhalten sich über die Comics und greifen vielleicht selber mal zum Stift.
Beschreibe dich in drei Worten.
Neugierig, mutig, authentisch.
Was ist dein Lebensmotto?
Das Leben ist zu komplex für ein Lebensmotto.
Welche Veränderung möchtest du mit deiner Idee in der Gesellschaft bewirken?
Ich möchte, dass wir uns über selbst gezeichnete Comics aus unserem Leben über politische Gesinnungen, Ideologien und Hintergründe hinwegsetzen. Meine Idee soll Brücken bauen und helfen, uns wieder mehr füreinander zu interessieren. Ich will ein Bild einer Gesellschaft zeichnen (lassen), die reich an inspirierenden Geschichten ist, mit denen wir uns gerne identifizieren.
Was ist das Besondere an deiner Idee?
Meine Idee stellt den Menschen und seine individuelle Geschichte ins Zentrum. Durch die einfachen Mittel des Zeichnens ist es möglich, Menschen zu Wort kommen zu lassen, die sich aus unterschiedlichen Gründen in direkten Gesprächen überfordert fühlen oder nicht wahrgenommen werden.
Angenommen, du könntest auf einen Knopf drücken: Was würdest du ab sofort umsetzen, um den Gemeinsinn zu stärken?
Ich wünsche mir eine Welt, in welcher der Mensch mehr im Zentrum steht. Ich möchte aus den gängigen Schubladen, in die wir uns gegenseitig eingesperrt haben, ausbrechen und mehr über die Geschichten hinter den Fassaden erfahren.
Was hält die Gesellschaft, deiner Meinung nach, im Innersten zusammen?
Geschichten. Sie sind für mich der Sinn des Lebens.
Was macht einen Ort für dich zu einem guten Ort für Gemeinschaft?
Ein Ort, an dem Begegnung, Verständnis, Anerkennung, Ehrlichkeit und Offenheit gelebt werden.
Welche Idee oder Erfahrung hat deine Sicht auf Gemeinschaft nachhaltig verändert?
Durch meine Neugier und Offenheit, die ich auch über das Zeichnen erlangte, fand ich Zugang zu Menschen, die mir – oberflächlich betrachtet – weit entfernt sind. Immer wieder bin ich überrascht, wie schnell ich mich mit ihren Geschichten identifizieren kann.
Welcher Gedanke gibt dir Hoffnung in herausfordernden gesellschaftlichen Zeiten?
Ich glaube daran, dass der Mensch über das Erzählen seiner Geschichte nie aufhören wird, immer wieder zu sich selbst zu finden.
Welche Person aus dem echten Leben ist für dich ein Vorbild – und warum?
Meine Mutter. Mein Bruder. Mein Grossvater. Meine Freunde. Mein Fussballtrainer. Und Batman. Warum? Sie sind in meinem Leben Helden. Sie leben ihre Geschichten, die mich inspirieren, morgens aufzustehen und selbst Teil einer – vielleicht auch ihrer – Geschichte zu sein.
Wo siehst du dich und deine Idee in 10 Jahren?
Meine Idee hat sich verselbstständigt. Comicworkshops sind aus dem Alltag unserer Schulen, Universitäten, Altersheime, Gefängnisse, Flüchtlingsunterkünfte, Bibliotheken, Museen oder Quartiertreffs nicht mehr wegzudenken, gezeichnete Geschichten aus unserem Alltag sind omnipräsent. Die Gesellschaft hat ein Bewusstsein entwickelt, mit dem wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen können.
Was ist für dich persönlich «Glück» – hat das mit anderen zu tun?
Glück ist, am Abend nach Hause zu kommen, ein Stück Brot zu essen, in den Spiegel zu schauen und sich sagen zu dürfen: Ich bin stolz auf dich.